Welche alternativen Möglichkeiten gibt es im Messenger Marketing, nachdem der WhatsApp-Newsletter unterbunden wird?
Bis vor einigen Tagen wurden WhatsApp-Newsletter noch als das nächste heiße Ding im digitalen Marketing gehandelt. Die Öffnungs-, Klick- und Conversion-Raten waren einfach zu verlockend. Nach eigener Erfahrung werden solche Newsletter von Fans hervorragend angenommen und sind eine durchaus relevante Quelle, um Klicks für News und Conversions für Shops zu generieren. Doch der jähe Stopp durch die Ankündigung von WhatsApp, Newsletter nur bis zum 7. Dezember 2019 zuzulassen hat viele in der Branche aufgeschreckt. Es stellt sich die Frage: Was kommt danach?
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass dies in keinster Weise das Ende von Messenger Marketing sein wird – auch nicht bei WhatsApp. Viele Möglichkeiten im Customer Service wie das Beantworten von Serviceanfragen und Status-Updates zu Bestellungen werden nach wie vor möglich sein. Insgesamt gibt es 15 verschiedene Use-Cases, die von WhatsApp erlaubt bleiben. Lediglich Newsletter werden unterbunden. Das hat auch Messenger People in seinem Statement dazu noch einmal klargestellt. Das Münchner Unternehmen bietet verschiedene Lösungen im Messenger Marketing und ist offizieller ‚WhatsApp Business Solution Provider‘.
Es macht wenig Sinn, darüber zu lamentieren, dass es diese Möglichkeit künftig nicht mehr geben wird. Denn: Wie schon bei diversen Updates des Facebook Algorithmus deutlich wurde – die Reichweite auf Drittplattformen ist immer nur temporär gemietet. Man hat keine Garantie darauf und muss immer damit rechnen, dass die Plattform die Spielregeln ändert. Entsprechend muss man darauf gefasst und bereit sein, immer wieder neue kreative Lösungen zu finden.
Alternativen zum WhatsApp-Newsletter
Nachdem nun klar ist, dass WhatsApp-Newsletter bald nicht mehr als Mittel zur Verfügung stehen werden, ist es an der Zeit, sich Gedanken zu Alternativen zu machen: Welche alternativen Wege gibt es nun im Messenger Marketing?
Facebook Messenger
Die naheliegendste Lösung ist der Facebook Messenger. Damit befindet man sich wie auch bei WhatsApp zwar weiterhin im Kosmos der Facebook Inc. – ist damit also weiterhin abhängig vom Wohlwollen desselben Unternehmens. Der große Vorteil bleibt nach wie vor die Reichweite. Auch wenn die Nutzung des Facebook Messengers hinter der von WhatsApp deutlich abfällt, so liegt er doch immer noch deutlich vor anderen Messengern (siehe Grafik unten).
Um einen Newsletter-Versand über den Facebook Messenger anzubieten, muss man sich hierfür registrieren lassen (Anleitung). Andernfalls ist ein Versand nicht möglich. Inhaltlich gibt es hierbei die Einschränkung, dass man lediglich News und Nachrichten als Kundenservice verschicken darf. Werbliche Inhalte sind dabei nicht erlaubt.
Die große Chance des Facebook Messengers liege auch in der „personalisierten Kommunikation über Bots“, wie Paul Müller von @ttention erklärt. Er hat sich im Messenger Marketing auf den Facebook Messenger spezialisiert – auch weil die Entwicklungen bei WhatsApp in gewisser Weise absehbar waren. Er meint dazu: „Der Versand personalisierter Broadcast-Nachrichten wird nach Freischaltung durch das Subscription-Modell weiterhin möglich sein.“
Bei der personalisierten Kommunikation haben Nutzer auch die Möglichkeit nach Interessen nur die Informationen zu bekommen, die für sie auch wirklich relevant sind, anstatt immer wieder mit standardisierten Massen-Nachrichten penetriert zu werden. Für Marketer bedeutet dies zwar mehr Aufwand, im Endeffekt aber weniger Streuverluste und so eine höhere Kundenzufriedenheit sowie eine stärkere Nutzerbindung.
Wer mit Messenger Bots noch keinerlei Erfahrung hat, ist laut Paul Müller mit dem Service-Provider ManyChat bestens bedient. Ohne Programmierkenntnisse kann man dort auf einem wirklich übersichtlichen Dashboard kostenlos seinen ersten Bot bauen.
Generell gilt, wie bei allen Fremdplattformen natürlich immer Augen und Ohren offen zu halten. Die Bedingungen für die Nutzung dieser Plattform kann sich jederzeit ändern. Das bedeutet auch, dass Facebook den Newsletter-Versand über den Messenger einschränken könnte.
WhatsApp Broadcast-Listen
Typische WhatsApp-Broadcast-Listen sind nur bedingt eine Lösung für den Wegfall der WhatsApp-Newsletter. Zum einen lassen sich in eine Broadcast-Liste maximal 256 Nutzer aufnehmen, die man selbst im Adressbuch gespeichert hat und die Absender-Nummer gespeichert haben. Theoretisch ist es natürlich auch möglich, mehrere Broadcast-Listen mit jeweils 256 Nutzern anzulegen.
Die Nachrichten müsste man dann aber in jede Broadcast-Liste einzeln versenden. Für die interne Kommunikation in Unternehmen und Vereinen oder auch im B2B-Einsatz mag der Aufwand hierfür noch überschaubar sein. Spätestens dann aber, wenn man mehrere tausend Abonnenten, eine entsprechende Vielzahl an Broadcast-Listen hat und sich bewusst wird, dass diese innerhalb von WhatsApp oder der WhatsApp Business-App zwischen den Chats bzw. Kundenanfragen aufzusuchen sind, wird es schnell unübersichtlich und unpraktisch. Wohl auch zurecht, weil Broadcast-Listen nicht für diesen Zweck gedacht sind und der massenhafte Nachrichten-Versand gegen die Richtlinien verstößt.
Ein weiterer Punkt, den man hierbei sicherlich auch nicht außer Acht lassen sollte: Wenn WhatsApp bemerkt, dass diese Listen vielfach in größerem Maße für derartige Zwecke als Alternative zum WhatsApp-Newsletter ‚missbraucht‘ werden, ist hier ggf. mit weiteren Einschränkungen zu rechnen. Gleiches gilt selbstredend für etwaige Drittdienste, die Service-Lösungen für die Behelfslösung über Broadcast-Listen anbieten. Gerade gegen solche nicht-autorisierten Anbieter geht WhatsApp entschieden vor. Von der Nutzung solcher Dienste ist daher dringend abzuraten.
Andere Messenger
Telegram bietet die Möglichkeit, Kanäle einzurichten, die im Prinzip den Broadcast-Listen von WhatsApp entsprechen. Der Unterschied: Bei Telegram ist die Zahl der Nutzer nicht begrenzt. Schaut man sich aber die Verbreitung von Telegram an (siehe Grafik oben), die 2018 noch hinter Apples iMessage lag, dürften die potenziellen Reichweiten sehr überschaubar sein. In bestimmten Zielgruppen, z.B. Personen aus Tech und Medien, bei denen Telegram aufgrund des besseren Datenschutzes ein höheres Ansehen genießen dürfte, könnte die Verbreitung stärker sein. Für die große Masse aber dürfte Telegram zumindest aktuell eher kein Thema sein.
Weiterhin können für bestimmte Zielgruppen und Länder auch weitere Dienste wie iMessage, Snapchat, WeChat oder Line Alternativen sein. Bleibt man aber in Deutschland und hat eine breite Anwendung mit größeren Reichweiten im Sinn, scheinen diese aber aktuell eher keine vorrangige Relevanz zu haben.
E-Mail-Marketing
Ja, E-Mail-Marketing ist etwas anderes als Messenger Marketing. Aber E-Mail-Marketing funktioniert vielfach noch immer. Vielleicht nicht zwingend bei jüngeren Zielgruppen. Nichtsdestotrotz sollte man diese Möglichkeit nicht unterschätzen.
Ganz generell ist es sicherlich so, dass man auch im E-Mail-Marketing relevante Inhalte anbieten sollte. Hier kann es auch absolut Sinn machen, nach Interessen und gewünschter Häufigkeit von Seiten der Nutzer zu gliedern. Dann kann dieses Tool nach wie vor ein guter Hebel sein.
Großer Vorteil beim E-Mail-Marketing: Es gibt keine Plattform, die die Bedingungen ändert und man hat direkt die Daten der Kunden, sofern diese einem das Vertrauen schenken.
Eigene App
Eine etwas aufwendigere, aber langfristig gute Möglichkeit, Fans und Kunden Push-Nachrichten auf das Smartphone schicken zu können, ist die eigene App. Allerdings muss man eben auch beachten, dass die Hürde vieler Nutzer noch eine weitere App zu installieren oft immens ist.
Folgende Voraussetzungen sollte eine App mit Benachrichtigungsfunktion erfüllen, damit ein Einsatz als Alternative zum Streuen von News Sinn ergibt:
- Funktionen und UserXperience: Insgesamt gute Funktionen mit Mehrwert: Nicht nur Abklatsch der Website als App, sondern Funktionen, die dem Nutzer darüber hinaus weitere Mehrwerte bieten. Unerlässlich ist ebenfalls eine gute UserXperience in Form von ansprechendem Design, intuitiver Bedienung und geringer Anfälligkeit durch Bugs und Abstürze.
- Glaubwürdigkeit und Vertrauen: Um die Hürde eines weiteren App Installs zu überspringen, hilft ein Vertrauensvorschuss der Nutzer. Hier wiederum spielt eine starke Marke, die ihre Nutzer selten bis gar nicht enttäuscht eine wichtige Rolle. Das lässt sich sicher von heute auf morgen realisieren, sondern muss vorher schon jahrelang gelebt worden sein. Generell gilt: Ist man im Kopf der Nutzer eine „Love Brand“, so hat man es auf vielen Ebenen einfacher.
- Inhalte und Push-Häufigkeit: Wie bei allen anderen Diensten auch gilt: Sage nur, was relevant ist und Mehrwerte bietet. Sicherlich haben Nutzer hier auch ein unterschiedliches Empfinden, nicht nur was Themen, sondern auch Häufigkeit der Nachrichten angeht. Neben dem Überprüfen und Auswertung von Zahlen (z.B. Öffnungsraten, Lesedauer und Interaktionen von Push-Nachrichten) ist es hilfreich, dem Nutzer auch über die Abfrage von Interessen die Push-Nachrichten relevanter zu machen.
Vorteil der eigenen App ist auch, dass die Daten auf der eigenen Plattform liegen und vollständig ausgewertet können und man ebenfalls nicht von einem Drittanbieter abhängig ist.
Fazit
Das wichtigste generell – und das gilt im Messenger Marketing genauso wie für E-Mail-Marketing und Social Media Marketing – sind relevante Inhalte. Man muss sich immer überlegen, wie man die Zielgruppen so granular wie möglich bilden kann, um ihnen so passgenaue Inhalte wie möglich servieren zu können. Denn: Wir leben in einer Welt, in der es so unglaublich viel Content und Marken gibt. Die Konkurrenz ist also groß und die Hürde für eine Abmeldung oder gar Abwanderung zur Konkurrenz riesig. Daher sollte weniger mehr sein und man lieber etwas weniger, aber dafür relevantere Inhalte anbieten anstatt Nutzer mit irrelevanten und werblich-nervenden Inhalten zu penetrieren.
Insofern bietet die Unterbindung des WhatsApp-Newsletter in gewisser Weise auch eine Chance zu besserer Kommunikation, die näher dran ist an den Bedürfnissen von Kunden und Fans.
Zugegeben: Das bedarf einer umfangreicheren Planung von Zielgruppenbildung, Content-Produktion und feinerer -Distribution. Am Ende kann sich das aber auszahlen, weil die Nutzer dranbleiben, anstatt sich abzumelden und man die Chance hat seine Marke zu stärken.
Trend zu individualisierter Kommunikation
Wie schon in den vorherigen Abschnitten deutlich wurde, geht der Trend immer mehr zu individualisierter Kommunikation. Das ist zweifelsfrei eine große Herausforderung im Marketing. Insbesondere wenn man die Kommunikation einer Marke verantwortet, die tausende Fans mit unterschiedlichsten Interessen und Meinungen verantwortet. Letzten Endes aber geht der Weg in Kommunikation und Marketing genau dahin.
Vor einigen Jahren hat sich dies vor allem in der Werbung abgezeichnet, als man damit begann über Online-Bannern, Google Ads, Facebook Ads und anderen sozialen Netzwerke genauere Zielgruppen mit geringen Streuverlusten bilden zu können.
In Anlehnung an nach Henry Fords Spruch, der zwar wusste, dass er Geld für Werbung hinauswirft, aber nicht, welches Geld genau: Im digitalen Marketing wird man im Unterschied zur klassischen Werbung deutlich genauer, weil man Zielgruppen feiner definieren und eben messen kann, welche Maßnahmen effektiv sind und welche nicht.
Die technischen Möglichkeiten werden hier sicher nicht kleiner, die Herausforderungen durch die größere Fragmentierung durch immer mehr Kanäle und individuelle Interessen aber auch größer. Dies erhöht letztlich den Aufwand und die Kosten einzelner Maßnahmen. Derartige Investitionen sind aber zweifelsfrei sinnvoller eingesetzt als unwissend zum Fenster hinausgeworfenes Geld.
Diskussion
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Welche Alternativen gibt es nach dem Aus von #WhatsApp-Newslettern im #MessengerMarketing? 💬📲 Habe da ein paar Handlungsempfehlungen herausgearbeitet. 👇
https://t.co/o772HS36jf— Philip Turian (@PTurian) 17. Juni 2019